Tahiri et une anniversaire – Geburtstagsfeiern und andere Photos zum Glücklichsein

Unter den widrigsten Umständen – eine neue Coronawelle mit inzwischen unbetretbaren Krankenhäusern, unsere Abreise, der Beginn der extremen Trockenzeit – ist das Projekt Trano Atody, Kinderhaus, angelaufen. Und nun gibt es endlich gute Neuigkeiten aus dem bunten Ei. Hier sind sie: Bilder zum Glücklichsein. Linda und Tsiavahana haben zusammen Geburtstag gefeiert – den ersten Geburtstag in ihrem Leben, bei dem es Kerzen, Kuchen, Geschenke (ein Kleid und neue Schuhe) gab. Hip Hip Hurra!

Natürlich gab es auch Probleme, und zwar nicht zu knapp – wegen Corona war das Atody mehrere Wochen von der Außenwelt abgeriegelt, das ist nicht leicht. Inzwischen werdne wieder Nahrungsmittel für die Patenfamilien über den Zaun verteilt, einmal pro Woche, noch immer dürfen wir nicht täglich für die Patenkinder kochen.

Den Kindern im Atody fällt während der Abschottungsphase die Decke auf den Kopf (nur symbolisch, das Haus steht noch). Und die jüngste, Fy, fühlt sich manchmal von den anderen geärgert, dann nimmt sie die praktischen Ziegelsteine aus der Blumenbeetumrandung und schmeißt sie. Oder das Geschirr. Wir beschließen: In einer Ecke des Gartens darf sie schmeißen, aber bitte keine Steine, sondern andere Dinge, da kann sie sich abreagieren … Es hilft, es ist schon länger kein Geschirr kaputt gegangen. Außerdem hat Fy jetzt eine Freundin, Prisca, und wenn man zusammen geduscht hat, sieht die Welt viel schöner aus … Bitte photographier uns mal, wir sind so sauber!

Fy, 5, und Prisca, 9 (sie sind gleich groß. Prisca hat bisher fast ihr ganzes Leben auf der Straße verbracht, bei Fy ist die Notsituation noch nicht so chronisch – man sieht die Mangelernährung – auch – an der Körpergröße)

Der schüchterne kleine Sedera, sieben, bemüht sich tapfer, sich in die Gesellschaft einzufinden, aber er hat ein Problem damit, aufs Klo zu gehen. Also beginnen wir, Listen zu schreiben, Sterne malen heißt: kein Unfall, Kreuz heißt: Unfall. Ich prophezeie, dass er am Ende vermutlich perfekte Sterne malen kann, aber nicht aufs Klo gehen. Aber nein – er ist jetzt seit einer Woche unfallfrei, und alle sind stolz.

Heriniaina hat nachts Heimweh, Linda und Kellycia hingegen vermissen ganz furchtbar – nicht ihre Mutter, sondern den Babybruder. Da geht besuchen auch nach der schlimmsten Coronaphase nicht, da die Mutter sich gerade in der Kneipe betrunken mit ein paar Leuten angelegt hat, was sie wohl häufiger tut, und verprügelt wurde: Wir möchten sie nicht mit einem entstellten Gesicht mit den Mädchen reden lassen, nicht mal über den Zaun, und das möchte sie selber auch nicht. Außerdem macht leider unser 17jährigrn, Solo,Probleme: Er hat die letzten Jahre über die Vaterrolle für seine beiden Geschwister gehabt, die nun plötzlich abzugeben, geht nicht. Er mischt sich in unsere Pädagogik und schüchtert mit seiner Art die Kinder ein. Dann fällt auch noch unsere jüngste Betreuerin, Ravaka aus, sie ist erst zwanzig, und es ist alles einfach zu viel – Jely, unserer junger „Papa“, kämpft an allen Fronten, aber wir wollen auch nicht, dass er zusammenbricht.

Wir beschließen, der 17jährige Solo muss ausziehen, erhält aber weiter Unterstützung, und wir werden uns nach den Ferien versuchen, um eine Ausbildung für ihn zu kümmern. Ravaka wird ersetzt durch Tahiri, 25, die selbst seit ihrem 14. Lebensjahr in einer Hilfseinrichtung für Kinder groß geworden ist wegen eines gewalttätigen Vaters.

Odette und ihre neue Kollegin Tahiri

Sie spricht perfekt französisch, befindet sich im Lehramtsstudium und unterrichtet gerne. Und siehe da, Pasqual und Tsilavina, die sehr auf Kriegsfuß mit Buchstaben stehen, nehmen wieder am Lernen teil.

Einmal die Woche kommt Martine und näht mit den Kindern, rüber in die Nähwerkstatt dürfen sie wegen Corona noch nicht, aber man kann ja auch so Kunstwerke herstellen! Und ich? Ich sitze vor dem Computer und schreibe mit mit Holy seitenlange mails über moderne Pädagogik. Wenn mich die Leute fragen: Seid Ihr denn gut angekommen? Dann lautet die Antwort: Die Füße sind in Deutschland, aber der Kopf ist in Madagaskar.