Die Schule hat wieder angefangen. Manches ist neu, vieles leider nicht, zum Beispiel unser Straßenkinderbus. Der ist altersschwach und muss alle fünf Minuten repariert werden, so dass wir Spenden für einen besseren sammeln. Wir dachten, es reicht – aber selbst die ältesten Autos sind in Madagaskar Gold wert. Auch nicht so neu sind die Häuser von Safidy, ihrer Familie und Nirina und Fitahiana. Das Haus von Safidys Familie, wo unser Team gekocht hat, ist eigentlich kein Haus, sondern ein paar Planen in der Ruine eines Hauses. Wenn die Regenzeit kommt, ist das nicht mehr sehr romantisch. Wir sind dabei, ein Haus für die Familie zu bauen.
Neus sind dafür die Jungs, die zu letzterem Haus gehören, Nirina und Fitahiana, sie haben keine Mutter und der Vater verdient nichts, Holy hat sie auf der Straße beim Betteln gefunden. Auch William ist neu bei uns, ihn haben sie gefunden, als er auf dem Feldweg seit Stunden auf seine bewusstlose Mutter aufpasste, die alkoholkrank ist. Jetzt darf er wieder Kind sein, wenigstens, während er bei uns in der Schule ist, die Mutter war einverstanden. Nirina und er haben sich gleich angefreundet. Avotra und Nomena, ganz winzige Kinder, sind auch neu, sie leben bei ihrer Schwester, die Mutter ist behindert und schafft das nicht, die Schwester verdient aber auch nicht genug. Dann wäre da noch die Kleine mit der blinden Mutter, die in der Nikolausmütze zum Aufnahmegespräch kommt – was anders hat sie nicht. Paten haben diese Kinder noch nicht, aber wir können sie schlecht auf der Straße sitzen lassen.
Auch nicht neu ist das Solarsystem – wir sitzen im Dunkeln. Auf Hochtouren haben wir daher den ganzen September an einer Lösung gebastelt – nun wird Dieter mit seiner Solarfirma hinfahren, um alles im Januar für uns zusammenzubauen, und zwar gratis. Kaufen tun wir die Technik hier, in Madagaskar ist sie noch teurer. Nachdem wir jetzt wissen, wie man Dinge verschifft (am besten nämlich gar nicht), verstehen wir allerdings, warum Leute lieber im Land schundige Batterien kaufen. Falls Sie mal Technik nach Madagaskar transportieren möchten, und zwar unter 10.000 Euro Versandkosten, schlage ich vor: Sie binden sich die Technik auf den Kopf und schwimmen. Die Bestechungsgelder für die Zollbeamten kann man dabei bequem zwischen die Zähne nehmen.
Starlink, unser Internet, geht übrigens (wenn gerade mal etwas Strom da ist) wieder. Zwischendurch ging es nicht. Die Ratten auf dem Dach haben drei Kabel und eine Multisteckdose gefressen. Jetzt müssen alle Kabel in rattensichere Pullover.
Aber hier ist sie, die Wiedereinschulung – neu ist: ein Schuppen für Farben, mehrere moderne! Wandbilder und die grüne Rutsche.
Neu sind – alle Kindergartenkinder in der allerkleinsten Gruppe. „Besorg ganz viele Gummibärchen“, sage ich unpädagogisch zu Lion, der irgenwie immer noch da ist. „Du wirst sehen, die weinen alle den ganzen erstne Tag.“ Wie? Echt? Und siehe da, das tun sie. Vom zweiten Tag an lieben sie den Kindergarten dann.
Neu ist – die 3-Wort-Stunde. Jetzt, nachdem der Kindergarten schon ein paar Wochen läuft und keiner mehr weint: In der 3-Wort-Stunde muss man ganz viel toben und dabei drei (und nicht mehr) französische Wörter rumschreien. Sie sind immer noch zu brav und schreien nicht, und manchmal versucht die Lehrerin heimlich, komplizierte Sätze um die 3 Wörter zu stricken, aber inzwischen gehen sie raus und toben. Lion (der irgendwie immer noch da ist), macht mit.
er Ball ist tot. Egal.
Auch neu sind – einige Schulränzen. Leider gehen die dauernd kaputt, da man sie ja nur gebraucht kaufen kann. Toll, jetzt gibt es neue gebrauchte fast Heile.
Neu ist – wir haben jetzt Deutsch ab der 6. Klasse. Für 6. und 7. Klassen macht das die sehr junge Mme Josie, ab 8. Klasse Mr. Misa, der Kunstlehrer. Bei beiden hilft Lion (der irgendwie immer noch da ist). Er wird jetzt ab und zu in einen weißen Lehrerkittel gesteckt (muss irre heiß sein, ich weigere mich bei sowas). Die Schüler haben mit Mme Josie sogar Videos gemacht … Warum deutsch? Braucht doch kein Mensch auf Madagaskar! Ja, das dachte ich auch immer. Aber tatsächlich gibt es immer mehr deutsche Ökotouristen, und auch der Weg nach Deutschland zum Studium wird einfacher, wenn man die Sprache kann. Also haben wir beschlossen, es als Fach einzuführen, um Gottes Willen aber nicht zu ernst zu nehmen.
Nicht neu ist die Kantine – endlich gibt es wieder Mittagessen für alle.
Neu ist auch: „Küchenkunst“ mit Eva! Das Ferienbacken mit Josea haben so Spaß gemacht, dass es nun ein neues Fach gibt (und Eva ist die Super-Spezialistin; Josea hat zu viele andere Sachen in der Schule zu tun). Damit man später einen Verkaufsstand aufmachen und Sachen verkaufen kann, die nicht nur Reis sind, sondern etwas besonders.
Und hier einfach ein paar Eindrücke vom Unterricht, der angelaufen ist. Erstmal die nachhaltige Landwirtschaft – das Zitronengras und die Buschumrandung haben den Boden in der Trockenzeit prima für die neue Saison feucht und festgehalten. Unsere Bäumchen vom Februar sind ordentlich gewachsen, die Kinder sind ganz erstaunt
Der Umweltunterricht läuft auch wieder, im Moment lernen wird, warum Vögel wichtig für die Umwelt sind und man nett zu ihnen sein sollte, genau wie zu Inseiten. Jely, Nomena und die Kinder verwandeln sich also in alle möglichen Vögel, und der Hilfslehrer (der irgenwie immer noch da ist) verwandelt sich mit. Gaaak gaak gaak!
Und dann der ganz normale Unterricht … soll es gerüchteweise bei uns auch geben. Samt gesundem Frühstück für alle, Joghurt und Milch …
Und drüben im Pigeonnier, bie den Großen …
Und in den Werkstätten … und in der Musik mit neuen Instrumenten, die die Schüler sehr befremdlich finden …
Und natürlich Grüße aus dem Kinderhaus. Am Ende der Ferien gab es erstmal die große Entlausungsparty bei allen Kindern UND Erwachsenen … Die neueren Betreuer möchten auch mal vorgestellt werden. Samt Volontär (der in Mauritius war, Visum verlängern, und irgendwie immer noch da ist, die Kinder kümmern sich gut um ihn).
Und weil nicht alle Kinder es so gut haben wie die auf unserer Schule, gehen die jungen Leute zusammen Obst an Bettelkinder in der Stadt verteilen. Dank eine extra Straßenkinderspende können wir das, wie schön. Es hilft nur einen Augenblick – doch der Augenblick ist golden.
Und dann hat Fifaliana beschlossen, schnell Geburtstag zu haben, da sein Pate ja immer noch da ist, und der bringt sicher Kuchen mit. Tut er, samt Sprühkerzendings. Übrigens hätte die Schule auch Geburstag.
Wir sind jetzt 5 ! Wir schließen diesen Blog also mit : Herzlichen Glückwunsch!